Can you do me good? (2002/05/02)

Heute (2002-05-01) feierte meine liebe Nichte Joanna ihren
17. Geburtstag. Pünktlich dazu schickte mir Amazon (sorry, meine Firma
Bertelsmann aka BOL hatte die CD leider als “nicht lieferbar”
vermerkt) die neue CD meiner Lieblingsband “Del Amitri” aus Schottland
mit dem Titel “Can you do me good?”

Natürlich musste ich ihr gleich eine “Sicherheitskopie” aufnehmen und
hatte ganz nebenbei einmal die Gelegenheit, in diese wundervolle CD
hinein zu hören.

Seit fast 10 Jahren bin ich nun Del-Fan; das erste Lied, von dem ich
jemals Notiz nahm, war “nothing ever happens”, und das war auch noch
im Rahmen einer Englisch-Lernsendung vom NDR, die sich anscheinend
einmal wöchentlich ein Lied vornahmen und den Text erklärten… 😉

Danach folgten Alben wie “Twisted” und “Some other suckers parade”,
und natürlich “Hatful of Rain”, das unvermeidliche Best-of-Album. Im
Laufe der Zeit fand ich immer mehr wunderschöne Titel aus der frühen
Del-Amitri-Zeit, nicht unbedingt von ihrem erstem “Del-Amitri”-Album,
sondern besonders auch von “change everything” und was sich sonst noch
so auf OpenNap fand.

Kurze Rede, langer Sinn: Das neue Album “Can you do me good?” ist lang
erwartet und fand sowohl Zuneigung als auch Abneigung bei den
Hörern. Für mich ist es ein absoluter Knüller, wie gesagt, Del-Fan der
ersten Stunde 😉 Im folgenden werde ich versuchen zu erläutern, was
genau diese Platte für mich hörenswert macht.

  • Just getting by: In der Tradition von “drowned on dry land”
    ist dies eins der schönsten Del-Stücke, die ich je gehört habe. Nicht
    ganz so gut (allerdings im Gegensatz dazu auf CD erhältlich ;-), hat
    es einen wunderschönen Text, und nicht zu vergessen den “geheimen”
    Ausklang, der mich sehr an Pink Floyd erinnert (“shine on you crazy
    diamond”?).

  • Jesus Saves: Intelligente / sarkastische Abrechnung mit
    unseren heutigen Nehmer-Religionen. Er rettet alle, nur nicht die
    überflüssigen… Justin Currie mit spitzer Feder. Durch dieses Lied
    zieht sich ein Rythmus, der auf fast allen anderen Songs auf dieser CD
    zu finden ist. Intensiver als auf früheren Del-CD’s, aber nicht
    aufdringlich.

  • She’s passing this way: Wenn ihr bei “Sleep instead of
    Teardrops” Tränen vergossen habt, dann solltet ihr dieses Lied
    überspringen. Aua! Nichts für Leute mit Herzschmerzen… Mr. Currie
    spielt mit euren Gefühlen wie ich auf einem Eierschneider am Sonntag
    Morgen. Trotzdem eine sehr schöne Del-Melodie mit abwechslungreichen
    Farben und Tempi.

  • out falls the past: Endlich mal wieder ein Text, der mich
    beim ersten Hören laut zum Lachen gebracht hat: “Every time I fall in
    Love / out falls the past.”. Bevor ich jetzt zu sehr in der
    Vergangenheit schwelge: einfach anhören. Ein Lied, das Spass macht.
    Sogar mit einer echten Kirchenchor-Bläsergruppe! 😉

  • Last cheap shot at a dream: Ein Stück im Stil eines echten
    “Twisted”-Liedes, mit authentischen “mr. Petty and the
    heartbreakers”-Gitarreneinlagen. Der text rockt!

  • Wash her away: Nicht so sehr mein Geschmack, zu laut
    anklingend an die Stücke auf “Some other Suckers Parade”.

  • Baby
    it’s me
    : Die nächste Single-Auskopplung. Die traumhafte Einleitung
    führt in einen wunderschön getexteten Song, der Tee-Nager-Herzen zum
    Schmelzen bringen wird, wenn sie denn in Englisch aufgepasst haben 😉
    Ein Muss für jede selbst gebraute Kuschelrock-Cd (würg)

  • Buttons on my clothes: Ich war nie in der Tanzschule, aber
    dieses Stück muss ein Foxtrott sein… auf jeden fall dachte ich bei
    den ersten paar Takten, xmms (mein MP3-Player unter Linux) würde
    spinnen und das Intro doppelt so schnell abspielen. Dieses Intro fügte
    sich dann aber fantastisch glatt in den Rest des Songs ein. Schön
    arrangiert, ein echtes Meisterstück (vermutlich aber nur Durchschnitt
    für JC 😉

  • One more last hurrah. Wunderschönes Akustik-Intro, gefolgt
    von Mr. Currie’s scharfen Texten. Dies ist mit Sicherheit eines der
    Lieder, die mich am meisten überrascht haben, weil sie erst so
    “vertraut” klangen, um dann später doch einen neuen Del-Stil zu
    eröffnen, den ich so noch nicht gehört habe.

  • Drunk in a Band: Eine Punk-Hymne an alle Hobby-Musiker da
    draussen. Was immer ihr spielt, denkt an “Daddy puts the cones on the
    motorway”. “I’m just a drunk a band”. Ein lebenslustiges Punk-Stück im
    besten Strassenjungs-Stil.

  • Cash & Prizes: Was wollt ihr vom Leben? Der Schreiber
    dieser Zeilen weiss es ebenfalls nicht. Er sei verwiesen an Ishmael (bei einer kürzlich angesetzten
    “Hörerbefragung” hielten dies die Dels (oder Justin) für ein Zitat aus
    “Moby Dick”, die Ärmsten 😉

  • Just before you leave: Die aktuelle Single-Auskopplung. Ein
    nettes Stück, welches euch gut auf den “Rest” der CD
    einschwingt. Nicht zuletzt deswegen habe ich diese CD von “hinten nach
    vorn” rezensiert.

Bottom line / fazit: Das Warten hat sich für mich
auf jeden Fall gelohnt. Ein MUSS in jeder halbwegs kompletten
DEL-Sammlung.

Uwe (2002-05-01)

PS: Natürlich, es musste so kommen: Ich habe mir beim Schreiben dieses
Artikels wieder ordentlich einen aus der Rotwein-Flasche
genehmigt. Diese CD ist nichts für Leute auf Entzug. 😉 Back to hoovers home page

Nachtrag 2002-10-19: Kürzlich sind die Dels aus ihrem Plattenvertag
mit Mercury geflogen, da “Can you do me good” wohl nicht die
erforderlichen Verkaufszahlen gebracht hat. Dies sind m. M. nach
sowohl gute wie auch schlechte Nachrichten fuer die Dels: In
“Freiheit” kann sich ihre Kreativität besser entfalten, und wenn wir
uns einmal überlegen, was heute von einer verkauften CD noch bei den
Künstlern ankommt und was die Plattenfirma schluckt, könnten die Dels
eine der ersten *erfolgreichen* Internet-Bands werden.

Ich wäre für jedes einzelne Stück von “cydmg” gern bereit, einen Euro
oder zwei direkt an die Dels überweisen. Bei 10,000 Gleichgesinnten
wäre das für die Jungs doch ein lohnendes Projekt, oder? Keine
nervigen Plattenverträge mehr (was für ein Quatsch, “Fünf Alben in
drei Jahren”, da muss ja jeder Musiker irgendwann Scheisse produzieren
;-), und jeder Euro aus dem Verkauf geht direkt in die Taschen der
Künstler und von dort in die Kassen der Pubs. So sollte es sein:
unterhaltbare Unternehmen, nicht ausschliesslich auf “Wachstum über
alle Grenzen” bedacht. Unterhaltbar, erhaltbar, und vor allem auf
Dauer ausgelegt und nicht auf den schnellen Kommerz.

Frei nach “Another letter home:” “When the pile of things you’ve
thrown away is bigger than the ones you use”.

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